Die Kohle und der Klimawandel

Bedenkt bei all diesen Hintergrundtexten: Wir sind gut informiert, aber keine Expert_innen in all diesen Bereichen. Wenn Meinungen in die Texte eingeflossen sind, stellen diese natürlich nicht die Meinung aller dar, die an der Aktion teilnehmen oder diese mit vorbereiten. Sie sollen lediglich einige Informationen zusammenfassen, damit die Aktion auch inhaltlich gut fundiert ist.

Einer der stärksten Gründe, die gegen die Braunkohle sprechen, ist deren für Deutschland so großer Beitrag zum Klimawandel. Wenn wir nicht klar und deutlich die sofortige Einleitung des Kohleausstiegs fordern, droht der Kohleausstieg viel zu spät einzusetzen und viel zu langsam zu verlaufen. Wir würden die Weltgemeinschaft so mitten auf den Pfad hin zu einer unkontrollierbaren, katastrophalen Klimaerwärmung von 3°C (statt des 1,5°-Ziels!) bis 2100 treiben.

Klimawandel und seine Folgen

Die Menschheit hat es vor allem im Laufe der letzten 100 Jahre erfolgreich geschafft, den Anteil des Kohlenstoffdioxid (CO2) in der Atmosphäre um über 40% zu steigern, beim zweitwichtigsten Treibhausgas Methan (CH4) ist die Konzentration gar auf etwa das 2,5-fache angestiegen. Wir verstärken so den Treibhauseffekt in einem Maß, das zwar erst einmal unscheinbar wirkt, sich aber zunehmend selbst verstärkt (Rückkopplungseffekte) und so die Welt wie wir sie kennen auf den Kopf stellen wird.

Weltweit sehen wir bereits in den letzten Jahren immer stärker die Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels. Die globale Temperatur ist im Mittel und im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter schon um 1,1°C angestiegen. Was im trüben Deutschland erstmal schön scheinen mag, hat dramatische Folgen.

(Obwohl zigtausende Wissenschaftler_innen den Klimawandel untersuchen, ist heute noch nicht im kleinsten Detail abzusehen, welche Auswirkungen genau eintreten werden. Für einige Phänomene lassen sich bloß Wahrscheinlichkeiten berechnen, andere sind noch gar nicht bekannt. Den fundiertesten Überblick gibt der jeweils aktuelle Weltklimabericht, der alle fünf Jahre von über 1000 Wissenschaftler_innen des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change / Weltklimarat) aus der ganzen Welt zusammengestellt wird.)

Wir hatten hier zuerst einen eigenen Text über Klimafolgen geschrieben – es macht aber wohl mehr Sinn, einfach einen der bereits existierenden Texte zu übernehmen. Da sich allerdings erstaunlich wenige gute deutsche Texte über Klimafolgen finden lassen, ist der ausgewählte und leicht angepasste Text schon etwas älter.


Die Folgen des Klimawandels fallen global sehr unterschiedlich aus. Im Vierten Sachstandsbericht (2007) benennt der Weltklimabericht des IPCC als wichtige Klimafolgen:

  • Wasserverfügbarkeit: erhöht sich in den feuchten Tropen und den hohen Breiten, während sie in den mittleren Breiten und semi-ariden äquatornahen Gebieten abnimmt. Hunderte Millionen zusätzlicher Menschen sind somit von Wasserknappheit bedroht.
  • Ökosysteme: Veränderung der Verbreitungsgebiete vieler Tier- und Pflanzenarten; selbst bei globaler Erwärmung um 2 °C sind bis zu 30% der Arten vom Aussterben bedroht.
  • Nahrung: tendenzielle Abnahme der landwirtschaftlichen Produktivität in den niederen Breiten, während sie in den mittleren und höheren Breiten zunächst zunimmt und erst ab 3-4 °C Erwärmung auch dort abnimmt. Negative Auswirkungen v.a. für die kleinbäuerliche Subsistenzwirtschaft und Fischerei.
  • Küstenregionen: Anstieg des Meeresspiegels um 18-59 cm (nach jüngsten Studien müssen diese Projektionen vermutlich erheblich nach oben korrigiert werden, bis 2100 scheint ein Anstieg um bis zu knapp 2 Meter möglich). Weltweite Zunahme der Bedrohung durch Überschwemmungen und Sturmfluten.
  • Gesundheit: Zunahme von Krankheiten und Sterbefällen durch Hitzewellen, Überschwemmungen und Dürren; Änderung der Verbreitungsgebiete von Krankheitsüberträgern.

Die globalen Klimaszenarien des IPCC bilden allerdings die Möglichkeit des „Umkippens“ sogenannter Kippelemente des globalen Klimasystems nicht ausreichend ab. Durch solche Selbstverstärkungsmechanismen wird der Klimawandel beschleunigt, sodass die Klimafolgen noch dramatischer ausfallen. Kippelemente sind Teilsysteme des globalen Klimasystems, die durch Schwellwertverhalten und positive Rückkopplungsmechanismen gekennzeichnet sind und, einmal in Gang gesetzt, zu erheblichen weiteren Klimaveränderungen führen. Die jeweiligen nicht zu überschreitenden Schwellwerte für das Einsetzen solcher unumkehrbaren Prozesse – wie z.B. das weitgehende Abschmelzen des arktischen Meereises und der grönländischen und antarktischen Eisschilde, das Auftauen des sibirischen Permafrostbodens oder der Zusammenbruch der nordatlantischen Ozeanzirkulation – sind mit den derzeitigen globalen Klimamodellen nur unbefriedigend abschätzbar [seit 2007 hat sich da aber einiges getan]. Fest steht aber, dass solche Ereignisse gravierende Folgen hätten und trotz noch bestehender Unsicherheiten ernst genommen werden müssen. Allein z.B. das Abschmelzen des Grönland-Eisschilds würde – obschon vermutlich verteilt auf mehrere Jahrhunderte – zu einem zusätzlichen Meeresspiegelanstieg von mehreren Metern führen.

Ohne sofortigen konsequenten Klimaschutz wächst daher die Wahrscheinlichkeit, dass in absehbarer Zukunft katastrophale Folgen des Klimawandels eintreten. Gegen diese Klimafolgen wäre eine reine Anpassung nur zu gigantischen ökologischen, ökonomischen und sozialen Kosten zu haben, die sich – wenn überhaupt – nur die Wenigsten würden leisten können. Dies macht deutlich, dass auf Klimaschutz – neben der ebenfalls notwendigen Klimaanpassung – nicht verzichtet werden kann.


Die beschriebenen Klimafolgen zeigen zwar, dass der Klimawandel auch in Deutschland große Veränderungen und Schäden mit sich bringen wird. Allerdings haben die Länder Nord- und Mitteleuropas das Geld, für die enormen Anpassungskosten aufzukommen. Anders im globalen Süden: hier werden die Menschen am stärksten unter dem Klimawandel leiden. Einerseits sind die Folgen dort noch einmal stärker, andererseits ist aber auch die Anpassungsfähigkeit geringer. Viele hundert Millionen Menschen werden ihre Lebensgrundlagen verlieren, einige davon werden wohl keine andere Wahl sehen, als zu fliehen. Klimaschutz ist also eine Frage globaler Gerechtigkeit, ein Verzögern von Klimaschutzmaßnahmen ist ein klarer Verrat der internationalen Solidarität.

Aktueller Stand des Klimaschutzes

Ende 2015 haben sich (fast) alle Staaten auf den Pariser Klimavertrag geeinigt. Das ist insoweit ein Fortschritt, als dass nun alle Länder gemeinsam Klimaschutz als Ziel auf ihrer Agenda haben. Anders kann die vielbeklagte Litanei „aber in China macht doch niemand etwas, warum sollten wir es tun?“ wohl nur schwer angegangen werden.
Überraschenderweise wurde in Paris erstmals festgehalten, dass die Staatengemeinschaft anstrebt, die Klimaerwärmung auf deutlich unter 2°C zu begrenzen und das Erreichen des 1,5°C – Ziels anzustreben.

Was erstmal abstrakt klingt, hat ganz konkrete Folgen: wir können nun berechnen, wie viel Treibhausgase maximal noch emittiert werden dürfen, um diese Ziele einzuhalten. Dabei gibt es verschiedene Berechnungen und Angaben – abhängig davon, mit welcher Wahrscheinlichkeit das Ziel erreicht werden soll und wie die Emissionen reduziert werden (linear? exponentiell?). Wenn wir weiter soviel ausstoßen würden wie bisher, würde das sogenannte „CO2-Budget“ noch für maximal vier Jahre reichen. Dann müssten wir also von gut 40 Mrd. Tonnen Emissionen von CO2-Äquivalenten auf null Tonnen gekommen sein. 2026 müssten weltweit diese Netto-Nullemissionen erreicht sein, wenn das 1,5°-Ziel mit 66% Wahrscheinlichkeit erreicht werden soll. Für das 2°-Ziel bleiben uns noch etwa der Gegenwert von 18 Jahren auf dem Niveau der heutigen Emissionen, die Abschätzungen reichen dabei von 9 bis 23 Jahren.

Wenn wir aber davon ausgehen, dass Deutschland mit all seinem Reichtum und all den historischen Emissionen eigentlich schneller handeln müsste als die allermeisten anderen Länder dieser Welt, wird schnell deutlich, dass wir gerade auf einem Holzweg sind.

Im Jahr 2016 war Deutschland das einzige Land in der EU, dessen Treibhausgasemissionen gestiegen sind. Das Klimaziel für 2020, (-40% im Vergleich zu 1990) werden wir wohl krachend verfehlen und noch nicht einmal -35% erreichen. Und auch das hauptsächlich aufgrund des Zusammenbruchs der DDR-Industrie Anfang der 90er.

Neben dem verschwenderischen Lebensstil unserer Überflussgesellschaft (zu viel Konsum: zu viel Wohnfläche, zu viele nutzlose Dinge), den Emissionen aus der Landwirtschaft ((Massen-)tierhaltung) und unserer überbordenden Mobilität (Auto, Flugzeug) zeichnet für unsere heutigen Emissionen zu großen Teilen aber die Verstromung von Braunkohle verantwortlich.

Braunkohle = klimaschädlichster Energieträger

Treibhausgasausstoß in Deutschland: aktueller Trend führt zur Klimaschutzlücke

In Deutschland ist unser Strom für etwa 40% unserer Treibhausgasemissionen verantwortlich. Obwohl die Braunkohle nur etwa ein Viertel unserer Stromproduktion ausmacht, verursacht sie die Hälfte der Treibhausgasemissionen der Branche. Es sind also 20% aller Emissionen in Deutschland, die aus den Schloten der Braunkohlekraftwerke kommen.Wie im rheinischen Revier geplant bis 2045 weiter Braunkohle zu fördern, ist dabei schlicht und einfach unverantwortlich. CO2 lässt sich nicht sicher und günstig speichern, die Filterung (Abscheidung – CCS oder CCU genannt) ist sehr energieintensiv und teuer. Die einzige Möglichkeit, die Emissionen der Braunkohle zu verringern, ist der Stopp des Abbaus und Verbrennens. Das ist natürlich bei Weitem nicht die einzige Maßnahme, die für effektiven Klimaschutz und Klimagerechtigkeit notwendig ist, aber eben die dringendste.

Der Strommix in Deutschland im Jahr 2016
Dabei dürfen und werden wir all die anderen Kämpfe nicht vergessen – im Gegenteil. Die Klimagerechtigkeitsbewegung sieht sich als Teil der progressiven Bewegungen. Viele in der Bewegung haben das Gefühl, dass sich hier wie sonst nur selten antikapitalistische, ökologische, antirassistische und antisexistische Kämpfe mit konstruktiven Problemlösungen verbinden.
Nur wenn alle gemeinsam an ihrem Teil des Strangs ziehen und wir uns gegenseitig dabei unterstützen, kommen wir zu einer auf Dauer lebenswerten Gesellschaft!

Zum Weiterlesen

Klimafakten (2017): Klimawandel – eine Faktenliste.

Greenpeace (2016): Was bedeutet das Pariser Abkommen für den Klimaschutz in Deutschland?

Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change: Carbon Clock. Wie viel Zeit uns noch bleibt, um die globalen Klimaziele zu erreichen.

Umweltbundesamt: Klimafolgen Deutschland, aufgeschlüsselt nach Sektoren und Regionen.